Wer bist Du und woher kommst Du?

Ich bin Ulli Habersetzer. Ich komme aus München, bin aufgewachsen in Fürstenfeldbruck und wohne jetzt seit über zehn Jahren wieder in München. Ich arbeite beim Bayerischen Rundfunk bei BR Klassik und bin dort Jazz-Journalist. In meiner Freizeit spiele ich manchmal Saxophon – eher schlecht als recht.

Wie und wann hast Du Dich in Jazz verliebt?

Also im Grunde begann das schon übers Saxophon spielen, ich glaube, da war ich so 15. Da gab’s in Fürstenfeldbruck so einen Musiker-Initiative, die heißt „Subkultur“ und die haben immer Workshops gemacht mit bekannteren Musikern aus der Münchner Szene. Eine Saxophonistin – Janine Schrader -hat den Workshop geleitet – da haben wir so Funkzeug gespielt – Sachen von Maceo Parker. Das fand ich total super. Im Grunde bin ich über Maceo Parker zu Charlie Parker und all den anderen gekommen und zeitgleich habe ich aber noch an der Schule in der Bigband gespielt. Da wurden so die Grundsteine gelegt.

Was ist dein Lieblingsprojekt im Moment?

Hier im BR ist mein Lieblingsprojekt ein Teil der Mitschnittsreihe für die ich arbeite. Der „BR Jazzclub“ – das sind Jazz-Mitschnitte in der Unterfahrt oder an anderen Münchner Jazzorten. Und dann gibt’s noch eine Sache die nennt sich „BR Jazzclub LIVE“. Das ist eine Live-Übertragung aus der Unterfahrt. Wir schalten dann am zweiten Freitag im Januar, Mai und Oktober um 23:05 Uhr live in die Unterfahrt  – da stehe ich auf der Bühne und moderiere die Band an und führe zwischendrin ein kleines Gespräch mit ihnen. Und seit kurzem mache ich für Deutschlandradio eine Jazz-Kolumne in der ich drei CDs vorstelle, sehr kurz, sehr subjektiv. Das macht auch großen Spaß.

Was magst Du an der Jazz-Szene in München?

Die Musiker und Musikerinnen! Ich finde, es sind total spannende, interessante, liebenswerte Persönlichkeiten hier. Ich mag auch einfach die Jazz-Orte in München und ich find München ist eine gute Jazz-Stadt. Es ist ein Ort, an dem viel mehr passiert als man von außen sieht und als das Feuilleton großer Zeitungen meint. Also ich finde, es gibt wahnsinnig tolle Jazz-Orte, die sind klein und die sind aber auch voll und da gehen ganz viele Leute hin. Ich hab in München schon sehr viele Menschen kennengelernt, deren Herz total für diese Musik schlägt.

Was fehlt Dir hier?

Was fehlt, ist das große, Orte verbindende, Szenen verbindende Festival. Das wäre was, was München gut tun würde. Wenn dieses Festival stattfinden würde, dann müssten allerdings alle Orte, alle Szenen oder alle Veranstalter irgendwie mitmischen dürfen. Und was vielleicht noch fehlt, ist ein Jazz-Ort, der zwischen 400 und 700 Leute fasst. Am besten bestuhlt.

Bayerischer Rundfunk Innenhof
Ulrich Habersetzer, Jazz-Redakteur beim Bayerischen Rundfunk

 

Lieblings-Jazzalbum (zur Zeit)?

Das Album, das ich immer wieder und wieder hören kann, ist „Back To Back: Duke Ellington & Johnny Hodges play the Blues“. Das sind, glaub ich, sieben oder acht Blues-Stücke – da ist keins wirklich schnell davon. Johnny Hodges spielt Alt-Saxophon und Harry „Sweets“ Edison Trompete und die beiden spielen einfach nur das, was entscheidend ist. Das ist einfach so traumhaft! Die spielen das Stück „Loveless Love“ – wie da Johnny Hodges dieses Stück singt und dann spielt Duke Ellington ein Solo mit ganz wenigen Tönen, aber der spielt so modern! Das ist wirklich so ein Album, wo ich sag, wenn ich nur noch eins den Rest meines Lebens hören dürfte, dann würde ich das nehmen.

Lieblings-Jazztune (zur Zeit)?

Einer meiner absoluten Lieblings-Standards ist „When I fall in love“. Und viele Duke Ellington Stücke – zum Beispiel „In a mellow tone“. Das ist einfach der Hammer! Da gibt’s ne Aufnahme von Ben Webster und Gerry Mulligan davon. Das ist so unendlich geschmackssicher, was Duke Ellington da komponiert hat. Für mich das Destillat dieser Musik.

Welcher Musiker in München inspiriert Dich?

Auf jeden Fall der Saxophonist Matthieu Bordenave. Ich finde, dass der einen unglaublich tollen Ton hat und eine interessante Sprachmelodie. Auch den Saxophonisten Hugo Siegmeth schätze ich sehr. Der ist jemand, der fast schon außerhalb dieses Jazz-Zirkels steht mit der Musik, die er macht, weil er Projekte mit so einem weiten Horizont hat. Das sind beides Leute, die sich ganz stark auf Melodien fokussieren. Allerdings find ich auch toll, was die jungen Bands gerade auf die Beine stellen. Es gibt ja so viele Grantler  die sagen, in München würde nichts passieren. Das ist ein Witz. Dann müssen Sie Ihre Ohren aufsperren und ihre Augen aufmachen und sehen, was in dem Bereich passiert und wie viel Energie die Leute da rein stecken.

Wo kaufst Du Deine Platten?

Ich kaufe nur CDs, weil ich keinen funktionierenden Plattenspieler habe. Und CDs kaufe ich ungefähr zehn pro Woche. Ich will dann möglichst die Original-Version, weil ich möchte, dass die Stücke in genau der Reihenfolge sind, wie sie beim Original waren. Ich will ein Cover, einen Booklet-Text lesen und auch einfach wissen, wer da mitspielt. Wann wo von wem das aufgenommen worden ist. Das sind sehr wichtige Informationen für mich. Ich mag Dinge in der Hand halten und da durchblättern.

Wohin gehst du um guten Jazz zu hören?

Die Unterfahrt ist Weltklasse, kein Frage. Ist ein herausragender Jazzclub und sicher der Ort, an dem ich in München die meisten großartigen Jazz-Konzerte gehört habe. Ein weiterer, sehr wichtiger Ort für mich ist die Seidl-Villa in Schwabing und die Reihe „Jazz+„. Und es gibt sehr viele Orte, wo ich wahnsinnig gerne öfter hingehen würde oder auch überhaupt mal hingehen würde. Ich war noch nie im Harry Klein bei der Jazzrausch Bigband. Das ist so ein Ort, wo ich unbedingt mal hingehen will! Ich habe zwei kleine Kinder – da ist es immer ein bisschen schwierig, wenn man sich die Nacht um die Ohren schlägt. Auch die Reihe „Be my guest“ vom Schlagzeuger Stefan Noelle klingt nach einem super Konzept. Letztens habe ich in der Zeitung gelesen, Konzertgänger leben länger …

Welches Getränk passt am besten zu Jazz?

Ein Helles. (lacht)

Wie müsste ein Werbeslogan für Jazz lauten?

Die lebendigste Musik, die es gibt, ist Jazz. Im besten Falle passiert da Trauer, Glück, Fröhlichkeit, Jubel, Grübeln, auch schlechte Laune, alles vielleicht sogar in 12 Takten. Oder vielleicht geht es noch kürzer: „Die Antwort ist Jazz.“