Ich bin am 6. Juli ziemlich zeitig im Ampere, weil ich einen guten Platz oben auf dem Balkon erwischen will. Für die Fotos. Als ich vor der Tür ankomme, ist noch kein Einlass, aber kurz drauf bin ich tatsächlich eine der ersten im Club. Und lange Zeit auch fast allein. Shit, denke ich, hoffentlich bleibt das nicht so leer hier! Da ist so ein Knaller-Musiker in der Stadt und die saturierten Münchner hängen alle schön im Biergarten ab … Zum Glück wird der Laden noch richtig voll – alle warten bei der Hitze halt bis kurz vor knapp draußen.

Robert Glasper ist mit vier Musikern unterwegs – den Swag bringt vor allem Sänger & Saxophonist Casey Benjamin auf die Bühne. Mit Jeansshorts, Cowboystiefeln, langen Rasta-Zöpfen und einem Wagenrad von Filzhut ist er zumindest das optische Zentrum des Abends.

Robert Glasper Experiment im Ampere
Robert Glasper Experiment im Ampere

 

Robert Glasper sitzt mit seinen 3 Keyboards entspannt am Rande des Geschehens und lenkt sein „Experiment“ ohne erkennbare Gesten oder Einzähler. Immer wieder wechselt die Band zwischen heftigen Drum’n’Bass Beats und atmosphärischen Klängen. In einem Moment will ich wild tanzen, im anderen einfach nur sacht hin und her schwingen. Musikalisch ist das erste Sahne. Schlagzeuger Mark Colenburg spielt unglaublich gut: druckvoll, präzise und sehr tanzbar und Gitarrist Michael Severson bringt dazwischen ein bisschen Rockattitude auf die Bühne. Bandchef Robert Glasper wirkt hinter seinen Tasten manchmal ein wenig arrogant, als hätten wir alle so geile Musik gar nicht verdient. (Möglicherweise hat er sich zu viel mit Miles Davis beschäftigt in den vergangenen Jahren.) Zwischen all dem wilden Beats und Harmonien gibt’s auch ruhige, fast meditative Momente wie den hier:

 

Neben der guten Musik genieße ich an dem Abend, dass Jazz auch mal in einem ausgewiesenen Pop-Umfeld wie dem Ampere stattfinden kann. Je mehr Räume in München bespielt werden, desto spannender wird der Austausch mit anderen Musikrichtungen! Dann kann Jazz sich in all seinen schillernden Facetten zeigen und – wie an diesem Abend – auch ein teils richtig junges Publikum zum Tanzen bringen.

Ich glaub, der Begriff „Jazz-Hauptstadt“ wäre noch frei, München 😉